Sri Lanka – Die vierte Kolonisierung eines tropischen Paradieses

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Bericht über eine Privatreise (17.1 bis 4.2.2017), in der die Schönheit und Vielfalt der Natur die vorherrschenden Eindrücke lieferten

Der Gegensatz ist groß, wenn man im Winter aus dem frostigen Europa in ein Land mit tropischem Monsunklima reist. Temperaturen um die 30 Grad im ganzen Jahr und hohe Luftfeuchtigkeit: das muss man lieben!

Sri Lanka hat im Südwesten eine immerfeuchte Zone und im  Südosten, Osten und Norden eine trockenere, wechselfeuchte Zone. Diese Unterschiede kommen durch das zentrale Bergland, in dem auf Grund der Höhenlage gemäßigtere Temperaturen herrschen, zustande, da der Südosten, Osten und Norden im Regenschatten des Gebirges liegen. Sri Lanka ist Biodiversitäts-Hotspot in Asien.

Das Land

Werfen wir zuerst einen nüchternen Blick auf dieses Land, das ungefähr so groß wie Bayern ist und in dem Ausgrabungen eine Besiedlung seit dem Neolithikum belegen.

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Am Straßenrand

In den vergangenen Jahrhunderten weckten die Reichtümer der Insel, insbesondere die exotischen Gewürze, nacheinander die Begehrlichkeiten dreier Kolonialmächte. Zuerst ließen sich die Portugiesen (ab 1505),  an der Südwestküste nieder und übernahmen den Zimthandel von den Arabern. Sie brachten die ersten christlichen Missionare in ein vom Buddhismus geprägtes Land mit zwei Volksgruppen, den   Singhalesen und den Tamilen, die aber beide aus Indien eingewandert sind und sich in der Herrschaft über das Land nicht freiwillig abwechselten. Die Holländer verdrängten ihrerseits ab 1658 die Portugiesen und übernahmen den lukrativen Handel  bis 1796. 1802 wurde Ceylon britische Kronkolonie. Eine britische Verwaltung wurde eingeführt, das Straßen- und Eisenbahnnetz ausgebaut. Am Nationalfeiertag, dem 4.2.1948 wurde Ceylon in die Unabhängigkeit entlassen und 1972 zur Republik unter dem historischen Namen Sri Lanka ausgerufen.

Heute ist Sri Lanka eine Präsidialrepublik mit parlamentarisch-demokratischer Ordnung und einem gewählten Präsidenten. Es hat ca. 22 Millionen Einwohner, vorwiegend Buddhisten (vorwiegend  Theravada – Buddhisten) mit  ca. 70% Bevölkerungsanteil, ca. 12% Hindus, ca. 10% Muslime und ca. 7% Christen. Die dominierende Bevölkerungsgruppe Sri Lankas sind die Singhalesen, die zwei Drittel der Bevölkerung stellen, die größte ethnische Minderheit die Tamilen, vorwiegend Hindus. Die Tamilenunruhen, die bis in das Jahr 1983 zurückgehen und sich zum Bürgerkrieg entwickelten, hatten keine religiösen sondern soziale Ursachen. Sie wurden erst 2009 beendet.

Sri Lanka ist reich an Bodenschätzen und exportiert Textilien und Bekleidung, Tee, Edelsteine, Kokosnussprodukte. Es besteht allgemeine Schulpflicht von 5 bis 14 Jahren. Im Übrigen ist das Land entsprechend seiner natürlichen Voraussetzungen agrarisch geprägt.

Seit dem Ende der Unruhen fördert die Regierung intensiv den Tourismus und verspricht sich davon höhere Deviseneinnahmen, neue Arbeitsplätze und eine Stärkung der eigenen Wirtschaftskraft.

Diesen Tourismusboom kann man durchaus mit einer vierten Kolonisierung vergleichen.

In den Touristengebieten, vor allen Dingen an der Küste werden unzählige Hotels gebaut, in denen Ayurveda, die als älteste Gesundheitslehre der Welt gilt und in Sri Lanka als „Wissen vom langen Leben“ tief in der Kultur verwurzelt ist, einen wichtigen Wirtschaftsfaktor ausmacht. Die  Ayurveda-Kuren werden intensiv in der westlichen Welt vermarktet und ziehen viele gestresste Touristen an, die sich eine Verbesserung ihrer Gesundheit und oft auch eine „Erlösung“ mit Hilfe des spirituellen Konzeptes erhoffen. Diese Kuren binden die Touristen oft an die Hotelanlagen und steigern deren Gewinne, aber bei der Bevölkerung kommt von diesen Einnahmen nur wenig an.

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Traumhafte Strände

Tourismus vermag grundsätzlich sowohl einen positiven als auch einen negativen Beitrag zur ökonomischen Entwicklung zu leisten. Auf diese Weise dringen fremde Wertesysteme und Verhaltensmuster in die zumeist traditionell geprägten Gesellschaften. Als Folge davon werden die eigenen Wertvorstellungen zugunsten vermeintlich modernerer aufgegeben. Besonders die jüngere Generation imitiert unkritisch das Verhalten der Urlaubsgäste und gesellschaftliche Veränderungen vollziehen sich mithin äußerst schnell, so wirkt sich der Sextourismus negativ aus, der „schnelles Geld“ verspricht. Einen Tourismus, der weder Natur noch Kultur zerstörte oder veränderte und nur positive Auswirkungen für Besucher und Besuchte hätte, gibt es nicht.

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Hotelbar

So kann in vielen Geschäften mit Dollars und Euro gezahlt werden, zum Beispiel sind deutsche Sprachkenntnisse des Personals und der vielen Händler dort keine Besonderheit.

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Tanzvorführungen für die Touristen

Diesem nüchternen Blick auf das Land stehen die überwältigenden Eindrücke der üppigen tropischen Natur mit ihrer Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten gegenüber.

Der Zauber der Tropen

Allein die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit katapultierten uns in ein anderes Lebensgefühl. Das Licht verleiht allen Farben eine tiefe Intensität und lässt uns die herausströmende Lebenskraft spüren. Die Üppigkeit und Vielfalt der Pflanzen erzeugt ein Gefühl der verschwenderischen Fülle, alles lebt und wächst.
Dieses Gefühl wird noch verstärkt, wenn ein Tropenregen niedergeht, der so heftig ist, dass es scheint als würde vor die Welt, die kurz vorher noch erstrahlte, ein dichter Vorhang gezogen der alles verhüllt und gleichzeitig doch die Grundlage für alles Wachsen und Leben liefert: den Regen. Das plötzliche Ende des Regens liefert dann das große Spektakel: die Sonne bricht hervor und in Myriaden von Tropfen bricht sich das Licht, so dass die betrachtete Umgebung wie von Diamanten überzogen zu sein scheint. Gleichzeitig fangen die Vögel, die während des Regens still waren, wieder mit Gezwitscher, Schreien und Rufen an, die Zikaden setzen ihre Konzerte fort als habe es keine Unterbrechung gegeben. Nach dem Regen erscheint das Land noch grüner, noch vor Leben strotzender als vorher und eigentlich kann der Mensch, der dieses erlebt, nur bescheiden die Großartigkeit und Kraft der Natur bewundern.

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Kingfisher

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Chamäleon?

Ein besonderes Erlebnis sind auch die Geräusche der Tropennacht: Die schnell hereinbrechende Dunkelheit ist voller Geräusche – von Vögeln, von Tieren, von Insekten – manchmal auch von stechenden.

Wenn wir uns in einem neuen Zeitalter, dem Anthropozän, befinden, ist diese tropische Natur ein Lehrstück, was die Aufgabe des Menschen ist: nicht alles zu zerstören und zu unterwerfen, sondern zu wertschätzen und zu erhalten.

Deshalb hat uns etwas beruhigt, dass wohl auch in der Bevölkerung das Wissen über diesen schützenswerten Reichtum vorhanden ist und ca. 13 Prozent der Insel unter Naturschutz stehen. So besteht die Hoffnung, dass die zahlreichen endemischen Arten, die sich in den vielfältigen Landschaften zwischen Bergnebelwäldern, tropischem Regenwald, Stränden und Trockenzonen, tummeln, trotz der steigenden Besucherzahlen erhalten bleiben. Hoffentlich gelingt die Bewahrung der Naturschätze und wird nicht kurzfristigem Profitstreben geopfert. Auch die Plantagenwirtschaft birgt große Gefahren für die Diversität und bedarf einer klugen Abwägung zwischen den Verlockungen globalisierter Profitgenerierung und dem Aufbau langfristiger, naturverträglicher und erhaltender Entwicklungspotentiale.

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Küste, Hochland und Naturparks

Wir haben viele Tiere in Sri Lanka gesehen: In den gepflegten Hotelanlagen an der Küste und auf der Rundreise Vögel in großer Vielfalt, Leguane, Streifenhörnchen und Affen, über die Wiese laufende meterlange Warane, in den Mangrovendickichten an der Küste noch mehr Vögel, Krokodile und Flughunde.

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Elefanten im Naturpark

In der kleinen Ecke des Yala Nationalparks, die Besuchern zugänglich ist, und dort eher eine an Dorngrassteppen erinnernde Vegetation aufweist, haben wir Wasserbüffel unterschiedlicher Arten, noch mehr Vögel, Sambarhirsche, verschiedene Affenarten aber leider nicht die Leoparden und die Lippenbären gesehen, was allerdings auch ein besonders seltenes Ereignis gewesen wäre. Wilde Elefanten sahen wir auf dem Weg in den Yala Nationalpark, sie kreuzten einfach die Straße. Im Kaudulla Nationalpark sahen wir dann die wilden Elefanten in Familiengruppen, sehr nah und anscheinend unbeeindruckt von den vielen Jeeps, die sich um sie herum gruppierten und von einem Ranger in Schach gehalten wurden, dass die den Tieren nicht zu nah kamen. In diesem Park war die Vegetation viel dichter, viel mehr Bäume, viel Wasser und flache Seen mit noch mehr Vögeln, Affen, Wildschweinen und Schakalen.  Die wilden Elefanten sind wirklich Bestandteil des Alltagslebens, denn sie stehen in Gruppen neben der Straße und fressen. Da den Elefanten die Grenzen der Schutzgebiete wohl nicht so klar sind und durchaus Konflikte mit den Bauern auftreten, sind die Gehöfte mit den Feldern meistens umzäunt, auch Elektrozäune haben wir gesehen.

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Die Rundreise führte uns von Beruwala, einer der Strände an der Südwestküste im Mündungsgebiet des Bentota-Flusses, zuerst an die Südspitze der Insel, wo der Tsunami 2004 große Schäden angerichtet hat und viele Opfer zu beklagen waren. An dieser Südküste kann man  am Strand stehen und aufs Meer schauen und es ist ein besonderes Gefühl sich vorzustellen, dass man eigentlich bis in die Antarktis blicken könnte, da keine Landmasse die Sicht versperrt.

Von Tissamaharama auf Meereshöhe sind wir durch eine sich ständig ändernde Landschaft über Ella nach Nuwara Eliya (Nurelia) auf eine Höhe von über 1800m gefahren, vorbei an Wasserfällen und mächtigen Gebirgszügen mit Höhen bis zu 2300m. Dort liegen die wegen ihres gemäßigten Klimas von den Engländern geschätzten und für den Teeanbau geeigneten Gebiete. Sie haben noch ein klein wenig von ihrem kolonialen Charme bewahrt, aber der nachdrücklichste Eindruck waren auch hier die großartigen Naturschönheiten und die vielen Gemüsefelder.

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Kandy besticht zwar wegen seiner Lage auf einer Hochebene auf ca. 500m umgeben von Bergen mit grandiosen Sonnenauf- und untergängen, aber der Stadt gebricht es an Charme auch wenn der See einige pittoreske Ausblicke bietet. Der botanische Garten ist ein Highlight für Garteninteressierte und die in den hohen Bäumen schlafenden und ab und zu auffliegenden Flughunde mit einer Spannweite von mehr als einem Meter boten eine beeindruckende Kulisse. In Kandy als größter Stadt im zentralen Hochland wurde verstärkt klar, dass der überall auf den Straßen und im See liegende Müll ein echtes Problem ist obwohl es eine Müllabfuhr gibt. Sogar in Tempelanlagen liegt der Müll herum und wird von Affen nach Essbarem durchsucht und verstreut.

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Hindu-Mönch

In Sirigiya beeindruckt ein unvermittelt aus der Fläche aufragende Monolith, auf dem sich eine Felsenfestung befand, die im 5. nachchristlichen Jahrhundert errichtet worden war. In Habarana erlebten wir eine Ahnung von traditionellem, ländlichen Leben: eine Fahrt mit einem kleinen Holzboot über einen flachen See, eine Wanderung durch wild bewachsenes Gelände unter Begleitung von Geräuschen des Dschungels am Rande der Reisfelder und ein örtlich übliches Mittagessen serviert in einem Körbchen mit Seerosenblättern als Teller in einem traditionellen offenen Lehmhaus mit einem gestampften Boden aus Kuhdung. Die Landschaft, die Tiere, die Seerosen und sonstigen Gewächse, die im See wuchsen, die Vögel, die über uns hinwegstrichen waren atemberaubend schön. Was wir bezahlten kam hoffentlich den Bauern zugute!

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Beim jährlichen Buddhafest

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Höhlentempeln Dambulla

Sri Lanka haben wir nicht, wie zum Beispiel Indien, als spirituelles Land erlebt, obwohl die Lehre Buddhas schon im 2. vorchristlichen Jahrhundert auf die Insel kam und ein Ableger des Bodhi-Baumes, unter dem Siddhartha Gautama die Erleuchtung fand, in Sri Lanka wächst.  Dambulla bietet mit seinen touristisch vermarkteten Höhlentempeln viele aneinandergereihte Buddhastatuen in verschiedenen Posen, die trotz der vielen Touristen in den kunstvoll bemalten Höhlen etwas von der Kraft des Buddhismus ahnen lassen. Gleichzeitig gibt es auch viele hinduistische Tempel, da die meisten Tamilen Hindus sind aber auch christliche Kirchen. Am meisten beeindruckt hat uns, dass in den Tempelanlagen, die oft von einer überlebensgroßen Buddhastatue gekrönt und von einer Mauer in Form von aneinandergereihten Elefantenköpfen umgeben sind, die hinduistischen Gottheiten auch ihren Platz haben, zusammen verehrt und Opfer gebracht werden. Das mutet sehr friedlich an und gibt Hoffnung, dass sich keine Konflikte aus religiösen Gründen entzünden obwohl die Moslems Sri Lankas, die Nachfahren arabischer Händler, eine Sonderstellung in der Gesellschaft haben, mit ihren verschleierten Frauen auch im Straßenbild auffallen, und nicht beliebt und integriert erscheinen.

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Fazit

Wir erlebten Sri Lanka als gefährdetes tropisches Paradies mit freundlichen, zugewandten Menschen und hoffen auf eine nachhaltige und friedliche Entwicklung, der es gelingt die Schönheiten und Schätze der Insel zu erhalten.

Mehr Fotos gibt es hier.

Text: Edith Gottwald, Fotos: Volker Gottwald

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