Wir haben aus China sehr unterschiedliche Eindrücke mitgebracht und versuchen, diese einzuordnen. Wir sind dabei, unsere Eindrücke mit den Fotos auf meiner Webseite darzustellen und wieder in einem Buch zusammenzufassen.
An dieser Stelle zeige ich einige ausgewählte Fotos, die neugierig machen könnten, mehr von China zu sehen und zu lesen.
Religion
Ein Gott oder ein Götterhimmel, der im Himmel über allem thront und die höchste Instanz ist, gab es in China nie. Im Zentrum chinesischen Denkens standen stets das Leben, die Erde, Harmonie und das Glück der Menschen. Der chinesische Philosoph Lin Yutang schrieb darüber: „Dem westlichen Geist ist es kaum fassbar, dass die Beziehung von Mensch zu Mensch ohne den Gedanken an ein höchstes Wesen fruchtbar gestaltet werden könnte, während es dem Chinesen ganz ebenso erstaunlich vorkommt, weshalb die Menschen sich nicht auch ohne den Gedanken an einen Gott untereinander anständig sollten benehmen können.“
Religionen galten im alten China als verdächtig. Der Konfuzianismus setzte Religion mit Aberglaube gleich. Die Chinesen selbst brachten keine Erlösungsreligion hervor, im Gegenteil, Lao-Tse, dem Vater des Daoismus, wird die Aussage zugeschrieben: „Der Mensch braucht weder Götter noch Geister, wenn er dem Dao folgt.“ Dao meint hier das Streben nach Harmonie und die Suche nach dem rechten Weg wobei das Dào jeglichen Wandel verursacht und doch selbst leer und ohne Aktivität ist. Es gilt als weise, dem Dào zu folgen, indem man Nichthandeln praktiziert.
Das Streben nach Harmonie, einer harmonischen Gesellschaft, ist in den Plänen der Kommunistischen Partei Chinas am Beginn des 21. Jahrhunderts oberstes Ziel. Die Sicherung der staatlichen Einheit war stets vorrangiges Ziel der chinesischen Religionspolitik. In einer guten Religion verband sich die Religion mit dem Staat und wurde zur staatstragenden Kraft, indem sie dem Kaiser oder der herrschenden Regierung den Segen des Himmels vermittelte. Der Konfuzianismus hat exemplarisch diese Rolle einer staatstragenden Religion gespielt. Der Staat war im Konfuzianismus wie eine riesige patriarchalisch organisierte Familie verstanden worden, in der jeder seine Stellung, verbunden mit den damit einhergehenden Verpflichtungen, hatte.
Im China der Kommunistischen Partei ist der Himmel vergesellschaftet, der Segen des Himmels soll für alle gleichmäßig gelten.
Deshalb ist eine Religion eine Lehre unter vielen anderen Lehren. Sie schließt andere Lehren nicht aus und kann kein Vorrecht als Lehrmeinung oder unfehlbare Gültigkeit beanspruchen. Auch kann ein Chinese mehreren Religionen gleichzeitig anhängen. Es gibt darüber das Sprichwort: „Ein Chinese ist Konfuzianer, wenn es ihm gut geht, er ist Daoist, wenn es ihm schlecht geht, und er ist Buddhist im Angesicht des Todes.“ Auch werden die verschiedenen Religionen unterschiedlichen „Arbeitsfeldern“ zugeordnet.
Die Stationen unserer Reise
- Peking mit dem was man sehen muss: Die Hutongs, die eigentlich keine mehr sind, den Trommelturm, der Himmelstempel, der Platz des himmlischen Friedens, die verbotene Stadt, die große Mauer bei Mutianyu, der Lama-Tempel, Olympiapark, Sommerpalast. Alles ergänzt durch Stadtbummel rund um unser Hotel.
- Shanghai mit dem French Quarter, der Bund, Pudong – wo wir gewohnt haben, das jüdische Viertel, Stoffmarkt, Knopfmarkt, die Lilongs, das National Museum und das Aurora Museum.
- Südchina mit den landschaftlichen Sehenswürdigkeiten und Nationalparks rund um Zhangjiajie, die Jinbian Schlucht, Tianmenshan-Nationalpark, Hualong-Höhle und das Tianzi-Naturschutzgebiet. Über Zhenyuan, den Quinglong-Höhlentempel, eine Bootsfahrt auf dem Wuyang-Fluss ging es in Dörfer der Miao-Minderheit und nach Quinman. Zhaoxing und ein Dorf der Dong-Minderheiten waren weitere Stationen. Die Li-Flussfahrt von Guilin nach Yangshou und der Besuch der Schilfrohrhöhle in Guilin waren der Abschluss der Süd-China Rundreise.
- Hongkong war nur ein kurzer Zwischenstopp auf der Reise zurück.
Auf meiner Webseite sind 88 ausgewählte Fotos zu sehen. Die Zahl 8 ist die chinesische Glückszahl. Die Bilder erheben nicht immer den Anspruch perfekter Fotos, sondern versuchen Eindrücke zu beschreiben.
Peking
Der Tian’anmen Platz ist nur riesig, erst die geschichtlichen Ereignisse, die auf dem Platz stattgefunden haben, machen ihn zu einem Symbol. Das Mao Portrait und das Mausoleum wirken wie aus der Zeit gefallen. Viele Menschen laufen umher und die Polizeipräsenz ist erdrückend.
Im Himmelstempel haben die Kaiser der Ming- und Qing-Dynastie als Abgesandte des Himmels jedes Jahr während einer Zeremonie den Himmel um eine gute Ernte für das Kaiserreich gebeten. Der Kaiser war der Einzige, der mit dem Himmel in Kontakt treten und dessen Wohlwollen erbitten konnte. Wiederholt schlechte Ernten konnten auch für den Kaiser gefährlich werden, bedeuteten sie doch, dass er das Wohlwollen des Himmels verloren hatte, und damit die Legitimität, das Reich zu regieren.
Die in wenigen Jahren (1406-1420) erbaute riesige Anlage der verbotenen Stadt mit rechtwinkligem Grundriss, ausgerichtet entsprechend dem Prinzip von Yin und Yang an der Nord-Süd-Achse, von einer hohen Mauer und einem breiten Graben umschlossen, macht den Eindruck einer Festung. In jeder Himmelsrichtung befindet sich jeweils ein großes Tor mit einem Turm und an den vier Mauerecken steht jeweils ein Eckturm. Die meisten Gebäude sind aus Holz erbaut, wurden auf weißen, von Balustraden gesäumten Marmorterrassen errichtet und haben geschwungene Pagodendächer, die mit gelb glasierten Ziegeln gedeckt sind und früher teilvergoldet waren. Diese früher dem Kaiser vorbehaltene Farbe Gelb repräsentiert das auf dem gelben Lössboden Nordchinas gegründete Reich gegenüber dem Himmel.
Der Mauerabschnitt, den wir besuchen, liegt am Rande des Jundushan-Gebirges. Dieser Abschnitt hat eine touristische Infrastruktur und ist perfekt, auch mit Hilfe von Henkel, restauriert. Bei der Wanderung von Wachturm zu Wachturm hat man einen phantastischen Blick in die umliegenden Berge. An die Mauer grenzt auf beiden Seiten ein Wald mit großer Diversität: einige Bäume und Sträucher kenne ich, da sie bei uns in Gärten kultiviert werden. Die Mauer, auf der man steht, ist Teil eines riesigen, sich über Berge und Gipfel hinwindenden immer dem Gelände angepassten militärischen Verteidigungssystems gewesen. Diese mit riesigem Aufwand über Jahrhunderte immer wieder erweiterte und perfektionierte Mauer ist in dieser Größe und Konsequenz einzigartig auf der Welt und hat trotzdem die Eroberung durch die Nomadenvölker nicht verhindern können. Sie ist aber auch Symbol für die Abschirmung mit der sich die chinesischen Dynastien von der restlichen Welt abgegrenzt haben.
Shanghai
Eine quirlige, im Vergleich mit Peking westlicher wirkende „Global City“, prunkt mit Rekorden: Das höchste, das größte, das meiste, das bedeutendste …
Der Blick aus einem der Hochhäuser in Pudong auf den Huangpu, vom Bund auf die ultramoderne Skyline von Pudong, das ist genau der Eindruck, den China erwecken will: großartig und modern, global player eben.
Aber es gibt auch noch ein paar Gegenden, in den wir noch durch die Lilongs schlendern können, in denen noch ein Rest des traditionellen Lebens gelebt wird. Hier sehen wir den chinesischen Großvater im Schlafanzug mit Enkel auf dem Arm, der auf den engen Straßen seines Lilong ein Schwätzchen hält. Aber die Hochhäuser sind von allen Seiten schon sehr nahe herangerückt und ob die Bewohner die sehr beengten Wohnverhältnisse, Wasserstelle auf der Straße und Gemeinschaftstoiletten aber mit Dorfgemeinschaftsgefühl und Nachbarschaftshilfe gegen eine Wohnung in einem der Wohnblocks tauschen wollen, erschließt sich dem Touristen nicht.
Die „French Konzession“, ein von 1849 bis 1943 als Wohnort für Franzosen definiertes Gebiet, zeigt kolonialen Charme vor allen Dingen durch die durchgehende straßenbegleitende Bepflanzung mit Kastanien und die vielen Boutiquen und kleinen westlich orientierten Läden. Es gibt Gegenden in Shanghai, in denen man vergessen kann, dass man in China ist: westliche Brands, internationale Speisekarten – allerdings mit Preisen in RMB – Design wie in anderen Weltstädten, internationales Publikum.
Südchina (die Provinzen Hunan, Guizhou und Guangxi)
In Zhangjiajie erlebten wir eine der großen Umwälzungen des modernen China: Dem chinesischen Menschen wird gezeigt, in welch großartigem Land er lebt und welche Freiheit er genießt: Er kann reisen und herausragende Sehenswürdigkeiten besuchen. Das betrifft in Zhangjiajie den Tianmenshan Nationalpark (1982 erster Nationalpark Chinas) und den Nationalpark Wulingyuan (seit 1992 UNESCO Weltnaturerbe) für den touristische Infrastrukturen gebaut wurden und der von Millionen chinesischer Touristen fast ausschließlich in Gruppen mit ca. 50 Personen mit Führer besucht wird. Die wenigen Ausländer fallen hier nicht ins Gewicht. Die Organisation ist perfekt, gigantisch und streng reglementiert um die Menschenmassen durch die Sehenswürdigkeiten zu schleusen.
In Kaili, der Provinzhauptstadt von Guizhou, sahen wir deutlich was Entwicklung bedeutet: ganze Stadtteile mit noch nicht bewohnten Hochhäusern, teils bis zu 30 Stockwerken hoch, dicht an dicht gebaut. Nicht nur bei den neuen Autobahnen auch in der Stadt gilt das Prinzip: es wird gemäß Plan gebaut, was an natürlichen Gegebenheiten im Weg ist, wird entfernt. Wenn ein Berg im Weg ist, wird einfach der Berg entfernt. Nicht nur einmal und zufällig, sondern als Prinzip. Die Natur hat sich dem Plan zu beugen.
In Guilin erlebten wir die Trennung von ausländischen und inländischen Touristen: im Hotel gab es einen separaten Frühstücksraum, europäisch eingedeckt mit internationalem Frühstück, aus dem Saal für Inländer werden wir weggeschickt. Die Bootsfahrt auf dem Li-Fluss durch diese romantische und fantastische Landschaft mit den charakteristischen Karstbergen blieb diese Trennung erhalten und in Jangshou stellte sich die Frage nicht, da alles voller ausländischer, vorwiegend Pauschaltouristen ist und die Angebote entsprechend waren.
Eine weitere faszinierende Berglandschaft sind die bewachsenen Sandsteinfelsen im Nationalpark, die wir mit an den Berg gebauten gläsernen Aufzügen erreichen. Auf den verschiedenen Plateaus gibt es Wanderwege von Ausblick zu Ausblick. Die Felsen an dieser Stelle sollen als Inspiration für die Hallelujah Mountains im Film Avatar – Aufbruch nach Pandora gedient haben, was natürlich vermarktet wird, indem sich die Touristen sich auf einen blauen Leonopteryx setzen und fotografieren lassen können. Die Landschaft ist „gorgeous“, wären die vielen Touristen nicht, wäre man bezaubert. Gab es wirklich einmal einen Moment der Ruhe und man hörte das Blätterrauschen, die Vogelstimmen und erfasste den Reiz der Landschaft, fiel auf, dass man nichts roch: keine Erde, keine vermodernden Blätter, keine Blumen, einfach nichts.
In Shiqiao, dessen Wahrzeichen eine Steinbrücke ist, die allerdings vom Hochwasser zerstört wurde, sahen wir dörfliches Leben, kleine Beete mit Gemüse, überall einfach in die fruchtbare Erde gegraben, Hühner liefen herum. Für Touristen wird hier die traditionelle Herstellung von Papier aus Maulbeerrinde gezeigt. Es ist ein armes Dorf, bewohnt von Angehörigen der Miao Minderheit.
Hongkong
Hongkong, das wir 1976, dem Jahr in dem Mao starb, schon einmal besucht hatten und das 1997 an China zurückfiel, kam uns „chinesischer“ als damals vor. Margret Thatcher hatte ausgehandelt, dass Hongkong seinen Status 50 Jahre lang behält, so dass auch heute noch links gefahren wird, der Hongkong Dollar weiter Zahlungsmittel ist und es in viel größere Freiheiten gibt als im „Homeland China“. Es gibt kritische Literatur, weniger Zensur und größere wirtschaftliche Freiheiten. Hongkong kam uns vor wie „eine in die Jahre gekommene englische Lady“ mit chinesischem Touch. Mit Erleichterung sahen wir wie sich statt Drängeln und Schubsen Schlangen am Bus bilden, die Menschen höflicher zueinander waren und „Sorry“ sagten, wenn sie rempelten.
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