Ist ihnen schon aufgefallen, dass nicht mehr so viele Insekten an den Autoscheiben zerschellen wenn man länger fährt? Haben sie schon bemerkt, dass es nicht mehr überall summt und brummt?
Der Rückgang der Insekten ist ein Zeichen für einen dramatischen Wandel, da sich in den letzten Jahrzehnten die Situation nicht nur für Honig- und Wildbienenarten, sondern für alle Nektar und Pollen sammelnden Insekten schleichend ständig immer mehr verschlechtert hat.
Insbesondere die Honigbienen haben zusammen mit allen anderen Blüten bestäubenden Insekten eine entscheidende Funktion im Ökosystem. Sie sichern und steigern nicht nur die Erträge von Kulturpflanzen (z.B. Obst, Raps, Sonnenblumen), sondern erhalten die von Insekten bestäubte Wildvegetation. Diese ist die Lebensgrundlage vieler anderer Tiere und sorgt für weitere Ökosystemdienstleistungen, wie Grundwasserneubildung oder Erosionsschutz.
Die Insekten selbst dienen wiederum Insektenfressern (z.B. Vögeln) als Nahrung. Bei den Bienen bemerken die Imker die steigenden Probleme mit Krankheiten und Parasiten, während Wildbienen immer weniger natürliche Nistmöglichkeiten finden. Alle Insekten sind einer immer weiter steigenden Belastung mit Bioziden ausgesetzt. Der Rückgang der Insektenpopulationen und deren Ursachen erschließt sich nicht sofort und unmittelbar, aber das Sterben der Bienenvölker, das beängstigende Ausmaße angenommen hat, ist gut dokumentiert und von allen Imkern bestätigt.
Daneben kann jeder sehen, wie sich unsere Kulturlandschaft, die im wesentlichen von einer nicht mehr bäuerlichen, sondern industrialisierten Landwirtschaft gestaltet wird, verändert hat. Im Frühjahr blüht es in vielen Regionen durchgehend gelb, aber nach der Obstblüte entwickeln sich keine blühenden Sommerwiesen mehr, da die landwirtschaftlich genutzten Flächen vorwiegend Monokulturen sind, bei denen Ackerunkräuter ausgemerzt sind und Insekten nicht mehr ernähren.
Das gilt leider nicht mehr nur für Äcker sondern auch für Wiesen. Statt Grünfutter und Heu erntet der Landwirt heute überwiegend Silage. Dazu werden die Wiesen statt wie bisher 2-3 Mal im Jahr nun 4-6 Mal gemäht – jeweils kurz vor der Blüte. Damit fallen auch die Wiesen als Nahrungsquellen für die Insekten weg.
Haben sie bemerkt, dass es kaum noch Wiesen gibt, auf denen es blüht?
So könnte es blühen
Ich erschrecke, wenn ich – auf dem Land lebend – bestenfalls schmale Randstreifen finde, wo es blüht, wohl wissend, dass dies nur ein Hauch der blühenden Wildkräutergesellschaft ist, die sich in unserer Landschaft finden könnte.
Ich bin traurig über den Verlust der Vielfalt, wenn mein Auge manchmal einen Baum und einen Strauch in den Monokulturen findet, die sich über Hügel und Senken erstrecken und kann mir nicht vorstellen, dass sich die Verarmung der Ökosystem nicht auf uns Menschen, jeden einzelnen von uns, negativ auswirkt.
Und so sieht es heute aus
Mit großer Bestürzung habe ich zur Kenntnis genommen, dass es in Städten für viele Tiere und Pflanzen inzwischen bessere Lebensbedingungen gibt als auf dem Land weil es in der ausgeräumten Landschaft weder genügend Versteck- noch Nahrungsangebote gibt. Das gilt erschreckenderweise nicht nur für Insekten.
Netzwerk Blühende Landschaft
Deshalb möchte ich das Netzwerk Blühende Landschaft unterstützen, das nach den folgenden Leitlinien arbeitet.
„Die konkreten Tätigkeiten des Netzwerk Blühende Landschaft stellen die Bedürfnisse der Bienen, Hummeln und aller anderen Blütenbesucher in das Zentrum des Tuns. Das Netzwerk Blühende Landschaft gestaltet die Beziehungen von Biene – Mensch – Landschaft. Durch Biene, Hummel & Co treten wir in Beziehung zu der uns umgebenden Landschaft, um sie wirklich zu verstehen. Mit Geist, Herz und Verstand bemühen wir uns diese tiefen Beziehungen zu durchdringen. Mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit sensibilisieren wir die Allgemeinheit für die Notlage und die gefährdete Vielfalt der Blüten besuchenden Insekten.
Das Netzwerk Blühende Landschaft soll ein offenes Forum sein, in dem die Freude an den Blüten besuchenden Insekten und die Sorge um sie freundschaftlich geteilt wird. Interessierten Menschen wollen wir so begegnen, dass sie sich mit ihren Anliegen und Ideen aufgenommen und geschätzt fühlen. Wir wollen Unterstützung und Handlungsempfehlungen geben, damit weitere starke Knoten im Netzwerk entstehen. Unsere Empfehlungen sollen sich ohne Dogmatismus auf aussagekräftige Erfahrungen und Untersuchungen stützen, wobei es uns wichtig ist im Lernprozess zu bleiben und auch für Bewährtes weitere Verbesserungen zu finden. Nur gemeinsam mit allen Beteiligten kommen wir dem Ziel näher, die Nahrungsversorgung und Lebensräume der Blütenbesucher in der Landwirtschaft, dem Hausgarten, und auf öffentlichen und gewerblichen Flächen zu sichern und zu verbessern. Die persönliche Begegnung durch gemeinsames Tun mit einem regen und offenen Austausch ist ein besonders wichtiger Pfeiler für vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Wir wollen partnerschaftlich mit einer breiten Öffentlichkeit für blühende Landschaften aktiv werden. Hierzu arbeiten wir mit Landnutzern und –eigentümern, Verbänden und Personen der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, Verbänden und Personen aus dem Naturschutz, der Imkerschaft, der Gärtnerschaft, der Jägerschaft, sowie Firmen, Behörden und Politikvertretern zusammen. Der Tätigkeitsradius ist nicht auf Deutschland beschränkt. Allerdings geht es in Anbetracht der beschränkten Kapazitäten im Ausland darum Impulse zu setzen, anderen Initiativen beizustehen und in gewissem Rahmen mit ihnen den Austausch zu pflegen. Bei der Gestaltung blühender Landschaft spielen die Pflanzen und ihre natürliche Vielfalt eine Schlüsselrolle. Für wildlebende Blüten besuchende Insekten sind die wildlebenden, natürlich einheimischen Pflanzenarten oftmals die wichtigste oder sogar einzige Nahrungsquelle. Diese Flora wollen wir besonders fördern und deren lokal-regionalen genetischen Grundlagen bewahren. Einige Anwendungs- und Nutzungsbereiche von Pflanzen für eine blühende Landschaft können nicht mit einheimischer Flora realisiert werden, weshalb wir hierfür bevorzugt Kulturpflanzen einsetzen wollen.
Pflanzenarten fremdländischer Herkünfte wollen und können wir nicht verbieten, setzen uns aber mittel- bis langfristig für einen Ersatz mit einheimischen und autochthonen Pflanzenarten ein. Neben den Pflanzen sind dauerhafte Strukturen und Landschaftselemente für Blütenbesucher ebenso wie auch für andere Tiere von besonderer Bedeutung als Nist- und Rückzugsorte. Naturnahe, ökologisch wertvolle Struktur- und Landschaftselemente fördern wir deshalb gezielt, dazu gehören in Mitteleuropa insbesondere Elemente der bäuerlichen Kulturlandschaft, wie Hecken, Gehölze, Lesesteinhaufen, Steinmauern und Holzzäune.“
(Quelle: Leitlinien des Netzwerk Blühende Landschaften – www.bluehende-landschaft.de)
Ich möchte nach Möglichkeiten suchen, auch in meiner Heimatgemeinde Wiesen anzulegen, die bunt sind und wo es wieder summt und brummt.
Daneben kann aber jeder, der einen Garten hat oder einen Balkon, dafür sorgen, dass es wieder blüht und summt! Jeder/jede kann in seinem persönlichen Umfeld selbst entscheiden, welche Pflanzen er/sie blühen lässt und welche Möglichkeiten er/sie damit wild lebenden Insekten und Tieren bietet. Alle, auch dem einzelnen winzig erscheinende Beiträge, entfalten ihre Wirkung und können das Land wie ein Netz überziehen. Wenn sich viele Menschen engagieren, wird die Bereitschaft von Kommunen wachsen, auch auf öffentlichen Flächen neu zu denken und Alternativen zu kurz gemähten Randstreifen und öffentlichen Grün zu wagen.
Denn nur wenn möglichst viele Menschen diese Lösungsansätze unterstützten und die nötigen Schritte einleiten, können diese vielen kleinen Schritte zu Verbesserungen führen, die jedem von uns nützen.
Text: Edith Gottwald, Fotos: Volker Gottwald
Mehr Fotos gibt es auf meiner Webseite www.d800fotos.de unter diesem Link.